Ein Mosaikstein der Hilfe

Ein Mosaikstein der Hilfe

Stiftung für die Diakoniestation bietet Wohnraum für ukrainische Flüchtlinge

Obach für Mutter und Kind in der Gartenstraße 40

Bietigheim-Bissingen. Zu helfen, wo die Not am drängendsten ist. Entsprechend diesem Grundsatz hat die Stiftung für die Diakoniestation entschieden: Sie stellt ab sofort Wohnraum für ukrainische Flüchtlinge zur Verfügung.

„Es riecht noch nach Farbe in der Wohnung im 9. Stock in der Gartenstraße 40 in Bietigheim-Buch. Die letzten Handwerker sind gerade fertig geworden mit den umfangreichen Sanierungsarbeiten. Da stellte sich die Frage, wer in die noch freie Wohnung einziehen soll“, berichtet der Vorstand der Stiftung Thomas Reusch-Frey.

In einem Umlaufbeschluss hat der Stiftungsrat schnell und klar entschieden. Brigitte Kaufmann, Eva Scheuer Sabine Seidenspinner, Edwin Beckert, Ulrich Gschwender, Frank Hofmeister, Oberbürgermeister Jürgen Kessing, Dr. Christoph Küenzlen Hans-Joachim Rast, Daniel Schaal und Carsten Schüler sprachen sich einstimmig dafür aus, in die neue Wohnung ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen.

Tetiana Ochan mit ihrem zehnjährigen Sohn können ihr Glück kaum fassen und sind voller Dank und Freude. Hier sind sie in Sicherheit nach den großen Ängsten in ihrem Heimatland. Und sie haben hier nicht nur ein Dach über dem Kopf. In der abgeschlossenen Wohnung ist im Gegensatz zu Massenunterkünften auch die so wichtige Privatsphäre für Mutter und Kind gesichert.

Dass Tetiana und Artem Ochan nach Bietigheim-Bissingen gekommen sind, verdanken sie Tatjana Arendt. Sie ist für die beiden auf ihrer Flucht zu einem Glücksfall geworden. Tatjana Arendt ist selbst in der Ukraine geboren und dort aufgewachsen. Als 10jähriges Mädchen kam sie vor rund 25 Jahren nach Deutschland. Sie spricht fließend ukrainisch, kann damit die hohen Sprachbarrieren überwinden und sie versteht die beiden Geflüchteten in ihrer schwierigen Situation.

Tatjana Arendt und Tetiana Ochan haben sich vorher noch nie gesehen und hatten zuvor auch keinerlei Kontakt. Dann aber über ein Internetportal, in dem Hilfe aus Deutschland für ukrainische Flüchtlinge angeboten wird, kamen sie am 11. März 2022 digital zusammen: Tatjana Arendt bot von ihrem Wohnort in Bietigheim-Bissingen aus Hilfe an und Tetiana Ochan, die sich bereits mit ihrem Sohn in Polen befand, nahm dieses Angebot sehr gerne an.

Schon zwei Tage nach dem ersten Kontakt holte Tatjana Arendt die beiden Flüchtlinge in Stuttgart am Bahnhof ab und beherbergte sie bei sich, ihrem Mann, ihrem Sohn und ihrer Tochter. Mehr als eine Zwischenlösung konnte die kleine Wohnung aber nicht sein.

Tatjana Arendt wandte sie sich an das Familienbüro der Stadt Bietigheim-Bissingen. Schnell kam über Oberbürgermeister Jürgen Kessing der Kontakt zur Diakonie-Stiftung zustande. Es ging alles sehr schnell dank Tatjana Arendt, die nicht nur als Dolmetscherin wirkte, sondern sich als persönliche Patin intensiv um alle bürokratischen Angelegenheiten für die beiden Neuankömmlinge kümmerte.

Bei der Übergabe der Wohnungsschlüssel an Tetiana Ochan betonte Thomas Reusch-Frey, dass diese Hilfe für die Diakoniestiftung mehr als Zeichen ist. Es ist Solidarität mit den ukrainischen Flüchtlingen, praktizierte Nächstenliebe und nicht zuletzt ein bedeutsamer Mosaikstein der Hilfe. „Viele solcher kleinen Steine können ein großes Ganzes bilden und zu einem weitgespannten Netz der helfenden Hände werden.“

Für Tetiana und Artem Ochan geht es jetzt darum, die Wohnung einzurichten. Die vorhandene Einbauküche erleichtert vieles. Jetzt müssen noch Möbel und all die notwendigen Sachen für den Alltag beschafft werden. Mehr als einen Koffer hatten sie auf ihrer Flucht nicht mitnehmen können.

Dazu sagt Tatjana Arendt: „All das, was noch fehlt, ist kein Problem. Wir kennen viele Leute in unserem Umfeld, die schon etwas angeboten haben und in den Startlöchern warten“.

Für das weitere sind die Weichen schon gestellt. Artem besucht seit einigen Tagen die Buchschule, wo bereits eine Klasse für ukrainische Flüchtlinge gestartet ist. Und Tetiana Ochan möchte am liebsten gleich morgen arbeiten. Doch so schnell wird es wohl kaum gehen. Das Erlernen der deutschen Sprache wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.

Infos zur Stiftung: www.stiftung-diakonie.de

Bezahlbarer Wohnraum für Pflegekräfte

Die Stiftung für die Diakoniestation behält angesichts der Belegung der Wohnung durch ukrainische Flüchtlinge das Ziel im Auge, bezahlbaren Wohnraum für Pflegekräfte zu schaffen. Hierzu gibt es einen Erfolg: In der Nachbarwohnung auf der gleichen Ebene, wo die ukrainischen Flüchtlinge untergekommen sind, richtet sich zur Zeit ein Altenpfleger der Diakoniestation häuslich ein. Hinzu kommt, dass die Stiftung für die Diakoniestation in absehbarer Zeit die Wohnung im 8. Stock der Gartenstraße 40 wie auch das freiwerdende Hospiz erwerben wird, das dann in diesem Sinne belegt werden soll. Um das zu schultern, benötigt die Stiftung noch einen sechsstelligen Betrag. Um diesen abzudecken bittet sie um Zustiftungen. „Den Pflegenotstand mit den viel zu wenigen Fachkräften in der Pflege will und darf die Stiftung nicht aus den Augen verlieren kann. Deshalb wollen wir mit bezahlbarem Wohnraum einen Anreiz für den Pflegeberuf schaffen“, sagt Thomas Reusch-Frey für die Stiftung.